Der Mehrwert von Diversität in Unternehmen
Inklusive und somit auch gendergerechte Sprache hat vor allem auf diverse Teams positive Auswirkungen. Aber warum ist es überhaupt notwendig, die Diversität von Teams zu fördern? Das Arbeiten im Team läuft schließlich meist reibungsloser und einstimmiger ab, wenn Menschen mit ähnlichen Meinungen und Perspektiven an einem Projekt zusammenarbeiten. Zu diesem Ergebnis kommt auch Katherine Phillips, ehemalige Professorin an der Business School der Colombia Universität. In ihren Studien zu Arbeitsweisen von homogenen und heterogenen Teams wird deutlich, dass sich weniger diverse Teams schneller über Herangehensweisen und Lösungsansätze einig wurden, als dies in heterogenen Gruppen der Fall war. Nachvollziehbar – wenn wir mit Personen mit ähnlichen Hintergründen und Erfahrungen arbeiten, ist es wahrscheinlicher, dass sich auch unsere Herangehensweisen an Aufgaben und Herausforderungen ähneln.
Phillips‘ Studie zeigt allerdings auch, dass sich Teams keinesfalls auf dieser harmonischen Zusammenarbeit ausruhen sollten. Zwar schätzten diverse Teams ihre Zusammenarbeit als deutlich unbequemer und konfliktreicher ein, doch erzielten sie deutlich bessere Ergebnisse als die homogenen Gruppen. Da hier Personen mit unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen und Wissensbeständen miteinander arbeiteten, waren sie deutlich innovativer und kreativer bei der Bearbeitung ihrer Aufgabe.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch das Strategieberatungsunternehmen McKinsey. Deren Marktanalyse zufolge steigert sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen profitabel ist, um 25 Prozent, wenn das Team divers aufgestellt ist. Und auch die Unternehmensberatung Boston Consulting Group weist einen klaren Wettbewerbsvorteil durch Diversität nach: So würde in Unternehmen mit heterogenen Teams ein größerer Anteil des Umsatzes durch Innovationen generiert werden (durchschnittlich rund 45 Prozent) als dies bei der Konkurrenz mit vornehmlich weißen, männlich besetzten Teams der Fall ist (durchschnittlich 26 Prozent).
Gerade wenn es darum geht, innovative Ideen zu entwickeln, profitieren Unternehmen also deutlich von der Diversität ihrer Mitarbeitenden. Darunter fallen individuelle, demografische und kulturelle Aspekte. Diversität kann also auf ganz verschiedenen Ebenen erreicht werden und umschließt beispielsweise das biologische Geschlecht sowie das Gender einer Person, ihre ethische Herkunft, ihr Alter, ihre Religion, ihre Bildung, ihre sexuelle Orientierung oder auch, ob sie mit einer Behinderung lebt.
All diese, aber auch viele weitere Aspekte, prägen die Erfahrungen, die Menschen in ihrem Alltag machen und können somit einen Mehrwert für Organisationen bringen, da sie unterschiedliche Perspektiven auf Problemstellungen ermöglichen und somit die Innovationskraft eines Teams bereichern.
Dennoch sind vor allem höhere Positionen in deutschen Unternehmen nach wie vor sehr einseitig besetzt. So sind lediglich 29 Prozent aller Führungskräfte weiblich, nur 9 Prozent haben einen Migrationshintergrund.
Dementsprechend ist es vor allem für Personalentwickler*innen eine entscheidende Aufgabe, diese und andere gesellschaftlich benachteiligte Personengruppen zu fördern.
Inklusive Sprache als Grundlage für erfolgreiche Teams
Dass diverse Teams funktionieren und sich jedes einzelne Mitglied in seiner Individualität respektiert fühlt, ist allerdings nicht selbstverständlich: Nur wenn alle Teammitglieder aktiv eingebunden und ihre einzelnen Perspektiven wertgeschätzt werden, kann ein heterogenes Team sein volles Potenzial entfalten. Ein Aspekt, der hierbei selten berücksichtigt wird, ist die Nutzung einer inklusiven Sprache. Dabei hat gerade sie einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg von diversen Teams. Schließlich prägt Sprache unser Denken, indem sie es ermöglicht, unsere Wahrnehmungen einzuordnen und uns über sie auszutauschen. Damit hat sie wiederum auch Auswirkungen auf unser Handeln und formt bzw. manifestiert somit gesellschaftliche Realitäten.
Unter anderem spielt Sprache auch bei der Konzeption von Diskriminierung und Stereotypen eine wichtige Rolle. Beispielsweise, wenn das Wort „schwul“ nicht als Beschreibung der Sexualität, sondern als Schimpfwort genutzt wird oder wenn weiterhin Bezeichnungen für rassistisch diskriminierte Personengruppen genutzt werden, obwohl sie diese klar ablehnen. Damit sich alle Mitglieder eines Teams wertgeschätzt fühlen, ist es besonders in diversen Teams umso wichtiger, eine inklusive Sprache zu benutzen.
Inklusive Sprache …
… spricht alle Menschen an.
… bildet alle Menschen ab
… ist für alle verständlich.
Beispiel gendergerechte Sprache
Ein Beispiel für inklusive Sprache ist die Nutzung von gendergerechter Sprache. Da im Deutschen meist das generische Maskulinum genutzt wird, um Personen oder Gruppen geschlechtsübergreifend zu bezeichnen, sind zumindest sprachlich meist nur Männer abgebildet. So sorgt beispielsweise der folgende Satz beim ersten Lesen für eine kurze Irritation: „Die Hockeyspieler spielen das erste Spiel der Saison. Zwei von ihnen fallen aus, weil sie schwanger sind“. Dabei ist der Satz, wenn man nach den Regeln der deutschen Grammatik geht, nicht falsch. Das generische Maskulinum „Hockeyspieler“ steht nicht nur für männliche Personen, sondern kann auch geschlechtsübergreifend benutzt werden.
Basierend auf Erkenntnissen der Genderlinguistik kann das zum Problem werden: Dadurch, dass maskuline Personenbezeichnungen unterschiedlich verstanden werden können, wird in vielen Fällen nicht explizit deutlich, ob nur Männer, oder auch Personen darüber hinaus gemeint sind. In dem Satz „Kindertagesstätten suchen nach Erziehern“ wird beispielsweise nicht ersichtlich, ob explizit männliche Erzieher oder generell Fachpersonal in Kindertagesstätten gemeint sind. Diese Unschärfe führt dazu, dass Männer sich immer angesprochen fühlen, während Personen darüber hinaus nie genau wissen, ob sie mitgemeint sind. Dadurch begünstigt das generische Maskulinum den gedanklichen Miteinbezug von Männern und hemmt im gleichen Maße das Mitdenken von Frauen und nicht binären Personen. Beispielsweise fordern Stahlberg und Sczesny in ihrer Studie dazu auf, ihnen Personen wie beispielsweise den*die eigene*n „Lieblingssportler“ / „LieblingssportlerIn“ / „Lieblingssportler oder Lieblingssportlerin“ (variiert je nach Versuchsperson) zu nennen und prüfen im Nachhinein, inwiefern sich das generische Maskulinum darauf auswirkt, wie oft männliche bzw. weibliche Personen genannt wurden. Sobald die Personenbezeichnungen im generischen Maskulinum formuliert waren, nannten die Versuchspersonen dabei überproportional viele männliche Personen. Nur durch ihre konkrete Nennung wurden Frauen in diesem Beispiel also explizit mitgedacht.
Passend dazu zeigt eine Studie von Stout und Dasgupte, dass Frauen in Jobinterviews weniger motiviert waren und sich weniger qualifiziert für den Job fühlten, wenn die Ausschreibung im generischen Maskulinum formuliert war. Schon hier zeigt sich also ein Vorteil, den gendergerechter Sprache in Unternehmen und vor allem für Personalentwickler*innen haben kann: Mit gendergerecht formulierten Stellenausschreibungen können besonders in männerdominierten Bereichen mehr Frauen bzw. nicht binäre Personen dazu gebracht werden, sich auf die Stelle zu bewerben. Somit entsteht ein größeres Potenzial für ein diverseres Team.
Gendergerecht für alle
Neben der Kritik am generischen Maskulinum umfasst gendergerechte Sprache noch einen weiteren Aspekt, der für inklusive Sprache relevant ist. Während Sprache sowohl Frauen als auch Männer problemlos abbilden kann, ist dies für nicht binäre Personen, also Personen, die sich weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zuordnen, nicht der Fall. Beispielsweise unterscheiden wir im Deutschen nur zwischen den Pronomen „sie“ oder „er“. Eine Feuerwehrkraft kann entweder ein Feuerwehrmann oder eine Feuerwehrfrau sein, eine Person, die studiert, entweder ein Student oder eine Studentin. Ebenbürtige konkrete Bezeichnungen für Personen, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren, gibt es nicht. Mit Hinblick auf inklusive Sprache ist es also notwendig, Sprachformen zu finden, die nicht nur Frauen sondern auch nicht binäre Personen neben Männern abbilden.
Alternativformen zum generischen Maskulinum, die sowohl sowohl Frauen als auch nicht binäre Personen sichtbar machen:
- Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen wie Person, Mensch, -kraft oder Mitglied (bspw. Führungskraft statt Chef)
- Neutralisierungen wie bspw. Mitarbeitende
- Genderzeichen wie Doppelpunkt, Genderstern oder Unterstrich (bspw. Sekretär*in statt Sekretär)
- Kreative Alternativformen, beispielsweise durch Sachbezeichnungen (bspw. Teamleitung statt Teamleiter)
Wenn du Inspiration brauchst, findest du auf der Website genderleicht ein ganzes Wörterbuch für gendergerechte Formulierungen.
Vorteile von gendergerechter Sprache für Organisationen und Personalentwickler*innen
Wer gendergerechte Alternativen zum generischen Maskulinum nutzt, schafft damit eine erste Grundlage zur Sichtbarmachung und gedanklichen Miteinbeziehung von Frauen und nicht binären Personen. Natürlich ist Nutzung von ungewohnten Formen gendergerechter Sprache zunächst ungewohnt und stößt deswegen bei manchen Personen auf Gegenwehr. Mit etwas Übung von guten gendergerechten Formulierungen sowie der Gewöhnung der Teammitglieder an diese, bleibt es allerdings hoffentlich auch nur bei ersten Widerständen. Schließlich wandelt sich Sprache schon immer und es braucht seine Zeit, um sich an neue Formen zu gewöhnen. Gerade in Organisationen kann gendergerechte Sprache von Vorteil sein, da Personen, die sich wahr- und ernstgenommen fühlen, schlussendlich eher ihre Gedanken und Perspektiven mit dem restlichen Team teilen und somit einen positiven Einfluss auf die Innovationskraft eines Teams haben. Durch gendergerechte Sprache wird außerdem ermöglicht, dass sie sich nicht nur selber wahrgenommen fühlen, sondern dass sie auch vom gesamten Team mehr mitgedacht und somit eher in wichtige Entscheidungen miteinbezogen werden.
Vor allem in der Personalauswahl sowie der Personalentwicklung sollte deswegen auf eine sensible Sprache geachtet werden, um nicht männlich gelesene Personen zu fördern. Mit gendergerechter Sprache sowie anderen Formen von inklusiver Sprache schaffen Personalentwickler*innen überhaupt erst die Möglichkeit für das Entstehen von diversen Teams. Gleichzeitig setzen sie die Grundlage dafür, dass sich alle Teammitglieder gleichermaßen wertgeschätzt fühlen und fördern somit die erfolgreiche Zusammenarbeit der Teams. Die Nutzung von gendergerechter Sprache in Personalentwicklungsmaßnahmen ist also ein wichtiger Aspekt bei der Kreierung einer inklusiven Unternehmenskultur.